Menu
Modell für den Transfer von Digital-Health-Anwendungen in den Versorgungsalltag Anhand eines Transfermodells wurde ein idealtypischer Ablauf des Transfers von Digital-Health-Anwendungen in die Gesundheitsversorgung bzw. den ersten Gesundheitsmarkt analysiert und optimiert. Es wurden sechs Hürden identifiziert und beschrieben. Sie liegen in der nicht bedarfsgerechten Forschungsförderung, der Medizinproduktezertifizierung, dem Nutzennachweis, der Vergütung, der mangelnden Transparenz und der Interoperabilität.
Modell für den Transfer von Digital-Health-Anwendungen in den Versorgungsalltag – Detailansicht Das Modell ist angelehnt an die sogenannte „Business Model Canvas“,
die häufig von Start-ups zur Planung eines Geschäftsmodells eingesetzt wird. Folgende
methodische Eigenschaften sind zu berücksichtigen:
• Das Modell basiert auf der Darstellungsform eines Gant-Diagramms, in dem die Reihenfolge
und die Abhängigkeiten (Pfeile) der einzelnen Arbeitspakete (Balken) dargestellt
werden.
• Relevante Akteure werden farbig im Ablauf markiert und in einer Legende
aufgeführt.
• Die Dauer einzelner Arbeitspakte und Phasen ist nicht näher spezifiziert. Eine solche
Präzisierung kann anhand ausgewählter Fallbeispiele jeweils in der Anwendung erfolgen.
• Der Ablauf ist idealtypisch. In der Praxis kann er als Orientierungsrahmen dienen, muss
aber in der Regel an das spezifische Projekt angepasst werden.
• Der Orientierungsrahmen ist ein optimierter Ablauf, der zum Ziel hat, den Aufwand an
Zeit und Ressourcen im Rahmen des Transfers zur Gesundheitsversorgung zu minimieren
und gleichzeitig die Erfolgschancen zu maximieren.
• Der Ablauf ist zunächst umfassend und abstrakt dargestellt – das bedeutet, dass er für
alle wesentlichen Arbeitspakete, Phasen und Varianten als Orientierungsrahmen dienen
kann. Zur Anwendung auf konkrete Fallbeispiele können überflüssige Arbeitspakete entfernt
sowie spezifische Details und Varianten ergänzt werden.
Bertelsmann Stiftung
Charakterisierung von Digital-Health-Anwendungen im Vergleich zu anderen Innovationen Digital-Health-Anwendungen zeichnen sich teilweise durch Eigenschaften aus, die nicht
mit einer Differenzierung zwischen Produkt- und Prozessinnovation zu fassen sind. Hierin
liegt eine Ursache, warum regulatorische Instrumente und die vorherrschende Kultur der
relevanten Akteure damit nur bedingt kompatibel sind. In der Abbildung wird die Andersartigkeit
von Digital-Health-Angeboten im Vergleich zu neuen Versorgungsformen, Arzneimitteln
und Medizinprodukten dargestellt. Es erfolgt eine exemplarische Gegenüberstellung
anhand der Kriterien „Zielgruppe“, „Angebotsform“, „Innovationsform“, „Prozessbestandteile“,
und „Release-Zyklus“.
Bertelsmann Stiftung
Entscheidungsbaum zu Varianten des Transfers In der folgenden Grafik werden die spezifischen Varianten für Digital-Health-Anwendungen dargestellt. Modifikationen bei allgemeinen regulatorischen Anforderungen wie z. B. Datenschutz, Datensicherheit und Produkthaftung werden hier beispielhaft benannt, aber nicht im Detail berücksichtigt. Die Darstellung des Ablaufs im Transfermodell ist so abstrakt gewählt, dass sie mit den Varianten – obwohl sich diese teils erheblich unterscheiden – grundsätzlich in Deckung gebracht werden kann. Bei der Anwendung des Modells auf das jeweilige Vorhaben können spezifische Aspekte detaillierter berücksichtigt werden. Entlang des Transfermodells ist zwischen einer Reihe von Varianten zu differenzieren. Diese sind in einem Entscheidungsbaum mit drei Ebenen dargestellt. Auf der dritten Ebene wird u. a. zwischen verschiedenen Vergütungsvarianten und verschiedenen Varianten des Nutzennachweises sowie der Medizinproduktezertifizierung unterschieden. Dieser Entscheidungsbaum ist mit Leitfragen hinterlegt und kann Anbietern und Kostenträgern die Bewertung von Produkt- und Geschäftsentscheidungen erleichtern. Bertelsmann Stiftung
Hürden beim Transfer von Digital-Health-Anwendungen in den Versorgungsalltag Ergänzt wurde die qualitative Analyse durch eine Befragung der 30 Experten aus dem Netzwerk des Stiftungs-Projekts „Der digitale Patient“. Das Netzwerk besteht zur Hälfte aus Vertretern von Gesundheits-Start-ups, zur Hälfte aus anderen Akteuren zum Beispiel aus der Wissenschaft oder dem Journalismus. Den Ergebnissen zufolge fehlt es vor allem an einem Standard zum Nutzennachweis, der – etwa bei Studien-Dauer und Kosten – den besonderen Anforderungen des Felds gerecht wird. Hier sagen 73 Prozent der Experten, diese Hürde sei sehr bedeutend, für 19 Prozent ist sie eher bedeutend. Auch die Unsicherheit über mögliche Finanzierungswege für Gesundheits-Apps und der daraus resultierende Suchprozess in der gesetzlichen Krankenversicherung wird von 50 Prozent als sehr und 46 Prozent als eher bedeutende Hürde angesehen.